Elisabeth Krista – Botschafterin für glückliche Kindheiten

Wut

Wut ist eine starke Emotion. Wütende Kinder verunsichern uns stark. Wie sollen wir mit der Wut umgehen? Wie das Kind begleiten? Wie das gelingt? Mit Verständnis, klaren Worten und einem Perspektivwechsel.

Wütende Kinder

Es gibt sie! Sie widersprechen allem, was wir uns von Kindern erhoffen und was wir auf sie projizieren: Das Glück. Die Glückseligkeit. Das Lachen. Die Leichtigkeit.

Wütende Kinder sind nicht glückselig. Und sie vermitteln auch keine Leichtigkeit. Im Gegenteil: man könnte meinen, wütende Kinder fordern uns so heraus, dass wir verzweifeln und an unsere Grenzen kommen.

Warum ist das so?

Wann hat es angefangen, dass es nicht okay ist, als Kind wütend zu sein?

Ich sage es bewusst provokant – denn viele Eltern und Fachkräfte bemühen sich ja gerade darum, dass Kinder spüren, dass alle Emotionen okay sind. Dass auch ihre Wut, Sorge, Trauer okay ist. Dass sie geliebt werden – Kackbratze hin oder her.

In der Beratung mit Menschen, die an ihre Grenzen stoßen, ist oft das Wütende Kind ein Thema. Oder besser: DAS Thema.

Wie kann ich mit Wutausbrüchen umgehen? Warum flippt die Kleine immer so aus? Mein Kleiner zerlegt die Einrichtung im Wutausbruch. Wie soll ich die Wut meines Kindes begleiten? Wie kann ich der Wut eine Grenze setzen?

Das sind alles echte Fragen von euch, meinen lieben Lesenden und Kund:innen und ihr kennt sie alle.

Warum flippt die Kleine immer so aus? Mein Kleiner zerlegt die Einrichtung im Wutausbruch. Wie kann ich der Wut eine Grenze setzen?

Wut ist unangenehm

Wut ist ein unangenehmes Gefühl. Alle kennen das, die schonmal versucht haben, sie zu unterdrücken. Und das macht die Wut vielleicht so unglaublich attraktiv: Dass sie sich nur richtig gut anfühlt, wenn man sie rauslässt. Bis es dann vorbei ist. Dann fühlt man sich meistens schlechter als vorher. Vielleicht weil man sich schämt. Oder schlimme Dinge gesagt hat, die man bereut. Oder nicht erreicht hat, was man mit Gelassenheit bestimmt erreicht hätte.

Bei mir selbst oder bei anderen: Wut macht was mit mir.

Wut ist auch unangenehm, wenn man sie bei anderen miterleben muss. Dafür muss man nicht einmal selbst davon betroffen sein: Es reicht, wenn jemand im Raum wütend wird. Betretenes Schweigen. Unangenehme Blicke aus dem Fenster. Versuche, die Person wieder auf den Boden der Tatsachen zu holen. Zumindest in Zentraleuropa.

Wut einmal anders bitte.

Ich habe Wut auch schon anders erlebt. Zu meiner großen Freude war ich zur Hochzeit meiner ältesten Freundin eingeladen – in Sizilien. Wir wollten einige Tage vorher Zeit mit der Familie verbringen und reisten früher an. Die heißen Abende unter der hellen Neonlampe in der Küche mit dem riesigen Esstisch, auf dem immer tausend Sachen zu Naschen, zu Trinken oder zum Spielen lagen werde ich nie vergessen. Meine lahmen Versuche, mein gebrochenes Italienisch beim Gespräch mit der Familie des Bräutigams wieder aufzufrischen (und dabei zu scheitern).

Wir saßen recht einträchtig zusammen, als plötzlich Stimmen aus der Nebenwohnung immer lauter wurden. Ich muss heute noch lachen, wenn ich dran denke. Entsetzt sahen meine andere österreichische Freundin und ich uns an, dann zu den anderen. Die waren die Ruhe selbst. Man knabberte entspannt ein paar Pistazien. Der Streit in der Nebenwohnung – nun deutlich zwei Frauenstimmen zu unterscheiden – eskalierte weiter. Ein sizilianischer Freund meinte: „Das ist nur die Braut mit der künftigen Schwiegermama. Die müssen einiges klären.“ Man lauschte ein paar Minuten dem Geschrei auf der anderen Seite des Ganges. Und wenn ich Geschrei schreibe meine ich: Stimmen an der Schwelle des Brechens, richtiges Brüllen.

Die meisten von uns sind eher damit großgeworden, dass es nicht angesagt war, als Kind groß Meinungen und Gefühle zu haben.

Nach einiger Zeit kam eine etwas zerzaust wirkende Braut in die Küche, blickte sich um und fragte: „Und was geht bei euch?“ – Als wäre nichts gewesen! Sie küsste ihren Bräutigam und meinte in einem Nebensatz: „Nichts passiert, alles geklärt.“

Mich hat dieses Erlebnis nachhaltig beeindruckt. So kann man also auch mit Wut und Streit umgehen! Es muss eben manchmal raus. Mir persönlich war das schon immer näher als die verhaltene österreichische und deutsche Art zu streiten – wer mich kennt weiß was ich meine („grins“).

Die beiden Streithennen wurden weder für ihre Wut getadelt noch wurden sie darin gezügelt, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Und, siehe da: Sie tranken danach gemeinsam einen Kaffee in der Küche.

Später erzählte mir meine Freundin, worum es dabei gegangen war. Wenn dich das brennend interessiert, oder du eine Idee hast, worum es ging, dann schreib mir eine DM auf Instagram oder eine liebe E-Mail.

Wann hat es angefangen, uns so zu stressen, wenn Kinder wütend werden?

Alles, was ich über Erziehung weiß sagt mir, dass die Frage lauten müsste: Wann haben wir angefangen, die Gefühle von Kindern ernst zu nehmen?

Der Stress entsteht dadurch, dass wir nicht erfahren haben, dass Erwachsene mit unseren kindlichen Gefühlen sorgsam umgingen. Die meisten von uns im Alter von Dreißig aufwärts sind eher damit großgeworden, dass es nicht angesagt war, als Kind groß Meinungen und Gefühle zu haben oder kundzutun. Dazu passen Sätze wie: „Mach kein Theater!“, „Hör auf zu spinnen!“, „Sei nicht so laut!“, „Dein Geheule interessiert niemanden!“ Kennst du diese Sätze? Vielleicht erwischt du dich manchmal dabei, sie selbst zu sagen – einfach weil du dein Gehirn noch nicht darauf trainiert hast, andere Sätze zu sagen. Diese könnten sein:

„Das muss sich jetzt richtig ärgerlich anfühlen!“ oder „Ich merke, du bist gerade total sauer.“ Oder „Bis du gerade auch so wütend?“

Der erste Schritt dazu ist, dass du dich selber mit den Gefühlen und Emotionen in deinem Inneren anfreundest. Deshalb arbeite ich in Einzelberatungen auch so häufig mit Selbstreflexion. Du musst dir einfach deiner eigenen Fallen bewusst werden. Einen Artikel über den inneren Dialog findest du hier.

Im zweiten Schritt legst du dir ermutigende, akzeptierende Sätze zurecht. Diese bestätigen und respektieren die Gefühle des Kindes. Sie spielen sie nicht herunter, sie verleugnen sie nicht, sie beschwichtigen nicht. Sie machen die Sache auch nicht schlimmer, als sie ist.

Beobachte das Rumpelstilzchen und denke dir ganz bewusst: „Dieses Kind ist über etwas verärgert. Es hat keine anderen Strategien, als sich so und so zu verhalten. Wie kann ich ihm helfen, sich auszudrücken?“

Sei dir bewusst, dass die Wut des Kindes dessen Emotion ist. Sie gilt nicht dir als Person. Sie ist nicht gegen dich gerichtet. Die Wut des Kindes ist Ausdruck einer erlebten Frustration.

Beobachte das Rumpelstilzchen und denke dir ganz bewusst: „Dieses Kind ist über etwas verärgert. Es hat keine anderen Strategien, als sich so und so zu verhalten. Wie kann ich ihm helfen, sich auszudrücken?“

Fühle deine Zehen, nimm den Raum wahr. Distanziere dich innerlich von dem Kind – aber bleibe dabei präsent. Distanziere dich innerlich heißt, du hörst auf, dich mit dem Gefühl des Kindes zu identifizieren. Diese Gefühle haben nichts mit deinen Gefühlen zu tun – sie gehören einer anderen Person. (Auch wenn diese Person dein Baby ist!)

Präsent bleiben und Strategien nutzen.

Und dann bleibe präsent. Vielleicht hilft euch das Rad der Wut eine Strategie zu finden, die die Wut kanalisiert. So lernt das Kind wertvolle Lebenskompetenzen und erfährt, wie man Wut gut regulieren kann. Das Rad der Wut erhälst du, wenn du meinen Newsletter abonnierst als Dankeschön.

Wenn du mehr zu dem Thema wissen willst, komm doch in die kostenlose Diskussionsparty „Wut!“ am 13.02. um 20 Uhr. Hier findest du die Anmeldung, die noch bis 12.02. möglich ist. Achtung: Beschränkte Teilnehmendenzahl.

Ich werde selber wütend, wenn mein Kind wütend ist.

Viele Eltern werden selber wütend, wenn ihr Kind wütend ist. Als Fachkraft hat man manchmal keine Energie mehr, einfühlsam zu reagieren. Das ist ganz normal! Du brauchst kein Zen-Meister oder Erzengel sein, um mit Wut umzugehen. Versuche, dich zu regulieren, so wie oben beschrieben. Wenn es nicht gelingt, nimm dir eine positive Auszeit! Du kannst keine Konflikte lösen, solange du selbst aufgebracht bist!

Sage dem Kind: „Ich merke, du bist jetzt total sauer! Ich brauche auch eine kleine Pause. Du findest mich in der Küche, falls du eine Umarmung brauchst. Ich muss kurz Durchatmen!“

Auf diese oder ähnliche Art hälst du die Beziehung intakt und kannst trotzdem Abstand gewinnen.

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