Elisabeth Krista – Botschafterin für glückliche Kindheiten

Über das stille Erinnern an verlorene Geschwister

 Was geschieht, wenn über verstorbene Geschwister nicht gesprochen wird? Dieser Artikel zeigt, wie frühe Verluste nachwirken und gibt Impulse für heilsamen Umgang mit kindlicher Trauer.

Wenn jemand fehlt.

In jeder Familie gibt es sie – diese Geschichten, die irgendwann ans Licht kommen. Manchmal durch ein altes Foto, eine beiläufige Bemerkung oder weil einzelne Details plötzlich nicht mehr zusammenpassen.
Keine Sorge, du bist nicht im True-Crime-Podcast gelandet – es geht um Geschwister, die nicht (mehr) da sind.

Ich erinnere mich gut an meine Schulzeit, in der ich Mathematiknachhilfe von einem Freund der Familie bekam. Sie hatten bereits eine kleine Tochter, auf die ich gelegentlich aufpasste. In ihrem Wohnzimmer stand eine tönerne Figur, die mich als Kind faszinierte – und irritierte. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden.
Die Figur zeigte eine schwangere Frau mit einem offenen, hohlen Bauch. In der Küche: eine Kerze, selbstgebastelte Erinnerungsstücke.
Es war klar: Diese Familie hatte ein Kind verloren.

Manche, die ein Geschwisterkind verloren haben, tragen frühe, diffuse Erinnerungen mit sich.

Wenn Babys zweimal verloren werden.

Alle Familien haben Mitglieder, die nicht mehr da sind. Aber wenn ein Baby stirbt, ist es oft besonders schwer. Diese kleinen Menschen werden nicht nur körperlich verloren, sondern häufig auch durch Schweigen.
Und so werden sie – schmerzhaft gesagt – oft zweimal verloren.

Kinder spüren, was unausgesprochen bleibt

Manche, die ein Geschwisterkind verloren haben, tragen frühe, diffuse Erinnerungen mit sich: an die Trauer der Mutter, an ein Gefühl der Leere, an einen Bruch in der Familie, der nie erklärt wurde.
Es gibt mehr dieser Geschichten, als man denkt. Und Kinder spüren, was unausgesprochen bleibt. Sie bemerken Spannungen, erkennen Tabus – auch wenn sie die Worte noch nicht kennen.
Sie ziehen ihre eigenen Schlüsse. Und was sie nicht erinnern können, prägt sie trotzdem. In Form von impliziten Erinnerungen, die später als Erwachsene Gefühle auslösen – ohne dass sie wissen, woher diese kommen.

Deshalb ist es hilfreich, bei Kindern immer wieder nachzufragen: „Willst du etwas wissen?“ „Willst du etwas erzählen?“

Warum Aufarbeitung so wichtig ist

Wie ich auch in der Podcastfolge über Zwillingsbeziehungen beschreibe, ist es deshalb so wichtig, innere Verletzungen und übernommene Glaubenssätze zu erkennen und aufzulösen – am besten bevor man Kinder bekommt.
Ich verlinke dir die Folge des Zwillingspodcasts, bei dem ich zu Gast war.

Kinder beobachten die Welt und ziehen ihre Schlüsse. Junge Kinder, bis etwa 2 Jahre, können diese Schlüsse und Beobachtungen noch nicht so abspeichern, dass sie sie wieder hervorholen können – man nennt dieses Phänomen frühkindliche Amnesie. So werden diese Erfahrungen zu impliziten Erinnerungen. Diese lösen in dir als Erwachsene Gefühle aus, die deine Entscheidungen und Handlungen beeinflussen, ohne dass dir das bewusst ist.

Dem einen Platz geben, was fehlt.

Verlorene Geschwister gehören zur Familie. Es kann heilsam sein, ihnen bewusst einen Platz im Leben zu geben.

Wenn du als kleines Kind erlebt hast, dass deine Mama ein Baby verloren hat, hat dich das geprägt. Vielleicht, weil du gespürt hast, dass etwas nicht stimmte – dass sie traurig war oder krank.
Vielleicht kannst du heute mit anderen Familienmitgliedern sprechen, sie fragen, was sie erinnern, was damals passiert ist.

Ungebührliche Aufmerksamkeit, Macht, Rache oder angenommene Unzulänglichkeit können fehlgeleitete Ziele sein.

Reden hilft – vor allem Kindern

Ich möchte ganz klar sagen: Ich würde niemals einer Frau vorschreiben, wie sie mit einer Fehlgeburt umgehen soll.
Aber aus entwicklungspsychologischer Sicht ist es wertvoll, mit älteren Kindern offen – entwicklungsgerecht und in kleinen Dosen – über das Geschehene zu sprechen.
Kinder verarbeiten Informationen in Etappen. Sie holen sich die Erinnerung immer wieder hervor, betrachten sie aus neuen Blickwinkeln und legen sie dann wieder zurück.

Deshalb ist es hilfreich, regelmäßig nachzufragen:
„Willst du etwas wissen?“
„Willst du etwas erzählen?“

Es geht dabei nicht um grafische Erklärungen – sondern um Gefühle. Über das WIE zu sprechen ist für Kinder hilfreicher, als nur über das WAS zu sprechen. Um die Trauer, die Wut, die Angst, die im Raum stehen. Und darum, dem Kind zu helfen zu verstehen, dass diese Gefühle einen Ursprung haben.

Kinder ziehen private Schlüsse über die Welt. Und diese sind oft noch schlimmer als die Realität.

Fehlt dir jemand?

Wenn du selbst ein Geschwisterkind vermisst, das früh gegangen ist, habe ich einen Vorschlag für dich:
Schreib ihm oder ihr einen Brief.
Setz dich hin mit Papier und Stift und schreibe dieser Person, wie du sie dir vorstellst. Was du ihr erzählen möchtest. Was du vermisst. Was du gerne mit ihr oder ihm erlebt hättest.
Diese Form der Verbindung kann tröstlich und klärend sein.

Unterstützung auf deinem Weg

Wenn du das Gefühl hast, dass deine Familiengeschichte oder -konstellation dich in deiner Elternschaft oder in deiner pädagogischen Arbeit beeinflusst, melde dich gern bei mir.
Ich unterstütze dich dabei, Zusammenhänge zu erkennen – lösungsorientiert, praktisch und mit Methoden der Positiven Disziplin. Buche gleich einen Kennenlerncall oder eine Beratungssession hier.

Möchtest du mehr hören?

Ich habe einen Podcast gestartet, für alle die nicht so gerne Videos ansehen und meinen Content mögen. Vielleicht was für dich? Schau mal vorbei.

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